FG 11 Tageslicht

Tageslicht kommt hinsichtlich einer guten visuellen, biologisch wirksamen und gesamtenergetisch effizienten und damit nachhaltigen Lichtversorgung von Innenräumen eine maßgebliche Bedeutung zu. In der Regel ist Tageslicht die vom Menschen präferierte Lichtquelle. Ebenso ist die Bereitstellung der Sichtverbindung von innen nach außen psychologisch extrem wichtig. Die natürliche Beleuchtung stellt die maßgebliche regenerative Energiequelle zur Senkung der Energieverbräuche für Beleuchtung dar. Bei der Gestaltung hochwertiger Arbeitsplätze im Dienstleistungs- und Fertigungssektor ist die Beschäftigung mit Tageslicht heute eine wesentliche planerische Herausforderung. Am Markt wird das Thema Tageslicht heterogen von Planern, Fassaden- und Sonnenschutzherstellern, der Beleuchtungs- und Lichtkuppelindustrie sowie Unternehmen aus dem Bereich des Gebäudemanagements vertreten.

Hintergrund

Im Entwurf geben Gebäudekubatur und Grundrissgestaltung maßgeblich die Tageslicht-Verhältnisse vor. Die technische und gestalterische Ausführung der Fassade und des Daches als Schnittstelle zwischen innen und außen moduliert den natürlichen Lichteintrag ins Gebäude; in der Planung sind hierbei lokale Gegebenheit aus Gebäude- und Fassadenorientierung, Verbauungssituation und Klima zu berücksichtigen. Im Raum ist das Tageslicht möglichst effizient zu nutzen, beispielsweise durch helle Raumgestaltung und gute Raumaufteilung. Über das Lichtmanagement sollte die elektrische Beleuchtung effizient mit eingebunden werden. Die integrierte Abstimmung mit den anderen technischen Gewerken im Gebäude, wie Heiz- und Klimatechnik, ist in eine nachhaltige Herangehensweise mit einzubeziehen. Mittlerweile sind tageslichttechnische Anforderungen und Lösungskonzepte in diversen technischen Regeln, Normen, Zertifizierungssystemen und Planungsleitfäden verankert.

Aktuelle Fragestellungen und Forschungen

Gestiegene Strompreise bringen auch monetär die Vorzüge von Tageslicht wieder stärker in den Fokus. So amortisieren sich beispielsweise Tageslicht abhängige Steuerungen wieder schneller. Die Themen Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung prägen auch den Gebäudesektor immer stärker. Über den Lebenszyklus betrachtet liegen Fassaden bei bis zu 20% der CO 2 Emissionen eines Gebäudes. Diesbezüglich lautet eine Fragestellung, ob zukünftig gleiche, nach Möglichkeit bessere tageslichttechnische Funktionen (Tageslichtversorgung, Blend- und Sonnenschutz) mit einem geringeren Materialeinsatz in Fassaden realisiert werden können? Dies z.B. durch verschlankte Glasaufbauten und schaltbare Gläser. Um die natürliche Belichtung über Dächer effektiver zu gestalten, werden immer häufiger auch dort variable und flexible Verschattungslösungen entwickelt. Verstärkt kommende Solardachpflichten dürfen nicht auf Kosten der Tageslichtversorgung gehen. Hier sind zukünftig gut abgestimmte Lösungen gefragt. Grundsätzlich sind Anspruch und Realität im Bauordnungsrecht bzgl. Tageslichtversorgung zu hinterfragen, konkret z.B. hinsichtlich Sicherstellung einer noch ausreichenden natürlichen Beleuchtung bei sich immer weiter verdichtenden urbanen Räume.

Zu wichtigen Forschungsfragen zählen die Aspekte, inwieweit Tageslicht als Blaupause für biodynamisches Licht funktioniert, d.h. inwieweit die zeitlich modulierte Anpassung von Lichtverteilung, Intensitäten und Spektren dem natürlichen Tageslichtgang folgen und den Menschen in fassadenfernen Bereichen im circadianen Rhythmus unterstützen kann. Das Fehlen von Tageslicht hat nachweislich negative Auswirkungen auf Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsbereitschaft, aber wo genau liegen die Grenzen, wann ist eine (Tages-)Lichtversorgung ausreichend? Wie gestalten wir Zugangsmöglichkeiten zu Tageslicht über den Tag, wie integrieren wir es in Tagesabläufe der Menschen? Welchen Einfluss nimmt die Beschaffenheit von Glasscheiben, von Sonnen oder Blendschutz auf die Qualität des Tageslichts im Innenraum? Wo, wann und wie darf Kunstlicht Tageslicht ersetzen? So versprechen verbesserte LED Spektren viel, aber können sie und wenn ja unter welchen Kosten die Tageslichtwirkung auf den Menschen ersetzen?

Zur Unterstützung von Planungsaufgaben sind weitere Verbesserungen der Planungstools erforderlich. Hierzu sind vor allem differenziertere Bewertungen von Lichtmanagementsystemen und die Berücksichtigung der nicht-visuellen Wirkung von Licht wünschenswert. Ganz konkret zu nennen ist die Berücksichtigung der Anforderungen nach der neuen DIN EN 17037 „Tageslicht in Gebäuden“ in Lichtplanungssoftware.

Aufgaben des »Fachgebiets 11 Tageslicht«

Erhebliche Forschungsanstrengungen in den letzten Jahrzehnten haben u.a. verbesserte planerische Herangehensweisen gefördert, neue Fassadentechniken und Lichtmanagementsysteme hervorgebracht und das Verständnis über die biologische Wirkung von Tageslicht erhöht. Teile dieser Arbeiten sind bereits in neue oder überarbeitete Normen eingeflossen und haben damit Einzug in die tägliche Praxis gehalten. Darüber informiert das Fachgebiet Tageslicht die interessierte Fachwelt ebenso wie über aktuelle Fragestellungen und Forschungen.

Veröffentlichungen des Fachgebiets Tageslicht

LiTG-Schrift 47 »Stellungnahme zur tageslichttechnischen Qualität des Sonnenschutzes nach DIN 4108-2« 2022

LiTG-Schrift 43 »Hinweise zur europäischen Tageslichtnorm DIN EN 17037« 2021

LiTG-Schrift 42.2 »Stellungnahme zu differenzierten Umgang mit Maßnahmen zum Schutz vor Vogelschlag « 2021

LiTG-Schrift 41 »Zur farbmetrischen und nicht-visuellen Wirkung von Verglasungen auf Tageslicht in Räumen« 2021

LiTG-Schrift 38 »Leistungsbilder Lichtplanung - Tages- und Kunstlicht« 2019

LiTG-Schrift 33 »Tageslicht kompakt – Tageslichttechnik und Tageslichtplanung in Gebäuden« 2016

Fachgebietssprecher des TWA
Dr. Jan de Boer

Mitglied
Ulrich Koch
Prof. Dr.-Ing. Cornelia Moosmann