FG 10 Physiologie und Wahrnehmung

Die Lichttechnik basiert auf der Helligkeitswahrnehmung elektromagnetischer Strahlung durch das menschliche Auge. Soll eine Lichtquelle neu entwickelt, neue Beleuchtungskonzepte geschaffen, eine neue Licht-Messmethode eingeführt werden, ist all dies ohne Kenntnisse der Physiologie des Auges und der Wahrnehmungsprozesse nicht effizient möglich. Das Verständnis der Helligkeits-, Kontrast-, Form- und Farbwahrnehmung, der Adaptations- und Akkommodationsprozesse, der Alterungsprozesse und der nicht-visuellen Reizverarbeitung gehört zu den wichtigsten Voraussetzungen, um innovative lichttechnische Produkte sowie Anwendungen entwickeln und realisieren zu können. Mit der Thematik »Physiologie und Wahrnehmung« beschäftigt sich das Fachgebiet 10 des TWA.

Forschungsschwerpunkte

Mit der heute verfügbaren Vielfalt an Lichtquellen und Beleuchtungstechnik ist eine örtlich, zeitlich und auch spektral angepasste Beleuchtung möglich. Gleichzeitig nimmt die Anzahl der Lichtanwendungen zu, welche zur Dekoration oder zur Weitergabe von Informationen dienen. Hierzu gehören beispielsweise Displays und aktiv leuchtende Flächen. Die Frage der Dimensionierung und Bewertung dieser Elemente erfordert unter anderem eine Untersuchung von sehphysiologischen Grundlagen und Wahrnehmungsprozessen.

Das Fachgebiet beschäftigt sich beispielsweise mit Fragen der spektralen Verteilung und deren Bewertung. Wie umfangreiche Forschungen zeigen, sind dabei sowohl die physiologischen als auch personellen und situativen Rahmenbedingungen zu beachten. Dazu zählen etwa Blendquellen im Blickfeld von Personen und ihr Sehvermögen, beziehungsweise Einschränkungen davon (u.a. Alterseffekte, Aspekte der visuellen Barrierefreiheit usw.). Daneben beeinflussen aber auch die Geometrie der Betrachtung (z. B. peripherer Kontrast- und Helligkeitseindruck) und die Art der Sehaufgabe (u. a. statisch versus dynamisch) die Sehleistung und deren Erleben.

Darüber hinaus beschäftigt sich das Fachgebiet mit der Bestimmung und gegenseitigen Beeinflussung von lokalen und globalen Adaptationszustanden der Netzhaut, der modellhaften Beschreibung von Blendung, dem Verständnis des Sättigungsverhaltens von Zapfen und Stäbchen sowie der Kontrast- und Formempfindlichkeit als elementare Sehfunktionen. Ein dazu übergeordnetes Interesse umfasst die Forschung zu Wahrnehmungskriterien an sich. Hier wird das etablierte (wahrnehmungs-)schwellen-bezogene Kriterium „Sichtbarkeit“ (beispielsweise eines gerade wahrnehmbaren „Unterschiedes“ in Farbe oder Helligkeit) zunehmend ergänzt um anwendungs- und verhaltensbezogene Wahrnehmungskriterien wie etwa Reaktionsgüte und Reaktionsgeschwindigkeit.

Aufgabe des »Fachgebiets 10 Physiologie und Wahrnehmung«

Das Fachgebiet hat die Aufgabe, internationale Forschungsergebnisse zu analysieren, zu bewerten und für andere Fachgebiete der LiTG nutzbar zu machen. Weiterhin soll das Wissen in Form von Publikationen und Zeitschriftenartikeln so aufbereitet werden, dass alle Licht-Interessierten die teilweise komplexen Prozesse nachvollziehen und verstehen können.

Publikationen

Personen des Fachgebietes 10 des TWA wirken umfangreich an einer Vielzahl von Publikationen der LiTG mit (u.a. in den Projektausschüssen von Schriften, aber auch in anderen beratenden Funktionen). Darüber hinaus erscheinen immer wieder eigene, im engeren Sinne dem Fachgebiet zuzuordnende Veröffentlichungen, wie beispielsweise die Artikel »Lichteinfallstärke – eine neue lichttechnische Grundgröße zur Beschreibung der Lichtrichtung« (2013) sowie »Blendfrei durch die Nacht« (2015), jeweils in der Zeitschrift LICHT, Organ der LiTG. Schließlich erschienen die LiTG-Schriften „Beleuchtung und Kriminalität“ im Jahr 2021 (Schrift Nr. 45) und 2022 „Störungen und gesundheitliche Beeinträchtigungen durch das Flimmerverhalten künstlicher Lichtquellen“ (Schrift Nr. 48) als dem Fachgebiet 10 des TWA zugeordnete Publikation. Eine weitere LiTG-Publikation zum Thema »Empfehlungen für das Sehen im Alter« befindet sich in Vorbereitung.

Fachgebietssprecher des TWA
Dr.-Ing. Christoph Schulze

Mitglied
Katrin Schier
Univ.-Prof. Dr. sc. nat. habil. Christoph Schierz